Äschen-Paradies Lappland

Von Tony von Bornstädt
www.pukka-destinations.com

Tony von Bornstädt ist sozusagen ein „alter“ Bekannter und wie er selbst sagt, SCALE Leser der ersten Stunde. Der Mann aus dem Norden lebt mit seinen mit meinen beiden Zwillingen und der, wie er sie liebevoll nennt, besten Frau der Welt in Schleswig-Holstein und damit quasi in Wurfweite der Ostsee. Seine Wurzeln liegen allerdings im schönen Mecklenburg-Vorpommern, wo er vor über 30 Jahren auch die Liebe zum Fischen fand. Zu seinen Revieren zählen neben den unzähligen Möglichkeiten der Mecklenburgischen Seenplatte auch die Gewässer rund um Rügen und Dänemark. Seine Kinder konnte er schon früh für das Fischen begeistern und so gehört der mindestens einmal jährlich stattfindende gemeinsame Schwedenurlaub mit der Familie zu seinen festen Ritualen. Für den leidenschaftlichen Familienvater gibt es nichts Schöneres, als zu sehen, wie sich seine beiden Zwillinge freuen, wenn es ans Stippen von Barschen und Plötzen geht.

Gemeinsame Erlebnisse am Wasser sind für Tony das A und O beim Angeln und deshalb reist er seit vielen Jahren mindestens einmal jährlich mit Freunden an fischereilich spannende Destinationen, die mal auf Bornholm, in Schweden und Slowenien oder auch Spanien liegen.

Wer Tony in kennt, stellt schnell fest, dass Angeln in seinem Leben neben seiner Familie die wichtigste Rolle spielt. Was lag also näher, als ihn zu fragen, ob er nicht mal einen Artikel beisteuern könnte. Gesagt – getan: Tony hat sich unserer Bitte angenommen und nimmt uns mit in eines der schönsten Reviere für Fliegenfischer überhaupt …

 

Äschen-Paradies Lappland

Heute habe ich die letzten Reste meiner Ausrüstung unserer Lapplandreise in den Keller geräumt. Dabei fiel mir ein dickes Stück Moos entgegen, das irgendwie seinen Weg in meine Heimat gefunden hat. Es war noch ganz weich und roch außergewöhnlich würzig. Dabei wurden Erinnerungen wach. Begonnen hatte das Ganze vor ziemlich genau zwei Jahren mit einer „Lass-uns-doch-mal-was-ganz-Verrücktes-machen“-Idee. Lappland, Einsamkeit, Abenteuer am Lagerfeuer, außerhalb jeglicher Zivilisation – der Plan war schnell geschmiedet und soch bald darauf ging es los …
„Jetzt sind wir am Arsch“ war der Gedanke, der uns allen durch den Kopf ging, als der Hubschrauber abhob und eine Ehrenrunde über unseren Köpfen drehte, nachdem er uns irgendwo im Niemandsland abgesetzt hatte. Keine Straße, keine Hütte, kein Handyempfang – Standort war ca. 40 km nördlich von Kiruna und wir hatten es ja so gewollt. Zehn Gepäckstücke mit Zelten, Angelsachen, Kleidung, diversen Ausrüstungsgegenständen, Nahrung und einem Schlauchboot lagen im knöcheltiefen Moos verteilt. Wir waren da wo wir hinwollten und nun gab es kein Zurück. Wir suchten uns ein trockenes Plätzchen auf einer Anhöhe und machten uns daran, unser Basislager für die nächsten Tage herzurichten. Im Dämmerlicht glitzerte bereits der vorbeifließende Fluss und kaum einer konnte es abwarten, an ihm die ersten Würfe zu machen.
Die folgenden Nächte waren sternklar und eiskalt und zwei bis drei Schichten Thermokleidung im Daunenschlafsack waren nötig, um einigermaßen warm durch die Nacht zu kommen. Die morgendliche Körperpflege fiel angesichts der Luft- und Wassertemperaturen bei allen recht kurz aus und erst ein Frühstück aus Cerealien und der heiße Lagerfeuer-Kaffee brachten die Lebensgeister langsam zurück. Und weil Dinge, die zu Hause ganz selbstverständlich mal eben auf Knopfdruck funktionieren, in der Wildnis zum Teil Ewigkeiten dauern, kamen wir fast jeden Tag erst im Laufe des Vormittages zum Fischen.

 

Doch was dann passierte, entschädigte für die ein oder andere kalte Nacht. Die Fischerei übertraf alle unsere Erwartungen. Der Flussabschnitt vor uns entpuppte sich als wahres Äschen-Paradies. Es brauchte nur wenige Würfe, um einen der schönen Fische zu haken und auch die Wahl der Fliegen spielte keine wirklich große Rolle. Offensichtlich waren die Fische in Fresslaune und da in dieser Abgeschiedenheit wahrscheinlich kaum jemand geangelt hatte, stiegen sie am laufenden Band ein. Besonders beeindruckend waren außerdem die Größen. Der Durchschnitt lag bei gut 30 cm, aber jeden Tag legten wir mehrere Fahnenträgerinnen über 40 cm auf die Schuppen. Die größten Exemplare lagen in der Regel bei Mitte-Ende Vierzig, was angesichts des ansonsten spärlichen Nahrungsangebotes und des jahreszeitlich bedingten engen Zeitfensterns bemerkenswert war.

Doch unser Spot hatte noch mehr zu bieten: Lief man im Fluss oder am Ufer stromauf, gelangte man nach wenigen hundert Metern an einen See, der uns sehr verheißungsvoll erschien. Er sollte uns nicht enttäuschen und bereits die ersten Würfe brachten Barsche und Hechte in schöner Regelmäßigkeit. Gefühlt gab es hier keinen Barsch unter 25 cm und der Durchschnitt lag klar oberhalb von 30 cm. Zudem gingen uns etliche Hechte an den Haken und oft schrammten wir an der Metermarke nur knapp vorbei.

Das Verrückte: Alle Fische bissen auf alle Köder! Äschen gingen auf Trocken- und Nassfliegen oder Streamer. Einige fingen wir allerdings auch auf SpinMad am Stahlvorfach! Wir fingen Hechte auf Äschen, die zuvor unsere Fliege genommen hatten! Wir fingen Barsche auf 20 cm große Hechtfliegen und Hechte auf 5cm lange Forellenwobbler. Was hier oben so weit im Norden passierte, hätten wir nicht für möglich gehalten und etwas Vergleichbares ist keinem von uns bisher wiederfahren. Gut für uns, denn so war ein eiweißhaltiges Abendessen an jedem Tag gesichert. Wann immer sich das Wetter gnädig mit uns zeigte, ging das Lagerfeuer an und kurz darauf gab es wahlweise Barsch oder Äsche zum Sattwerden.

Es hätte von uns aus so weitergehen können, doch nach drei Tagen setzte massiver Niederschlag ein. Landregen. Regenpause. Dauerregen, keine Pause. Strömender Regen, gefolgt von Landregen. Der Himmel hing tief und dunkel über dem Camp. Das hielt uns allerdings nicht davon ab, trotzdem in unsere Watklamotten zu steigen, Bootstouren mit unserem aufblasbaren Kajak zu unternehmen und den Fluss abwärts bis zum großen See zu erkunden. Und auch dabei das gleiche Bild: trotz des Wetterumschwungs und egal, ob mit Fliegen- oder Spinnrute: Die Würfe, bei denen kein Fisch hängen blieb, konnten wir am Tagesende an zwei Händen abzählen.

Am zweiten Regentag lief ein kleiner Fluss durch eines unserer Zelte und ein Schlafplatzwechsel wurde erforderlich. Unser liebgewonnenes Lagerfeuer war nicht mehr möglich, weil der Regen jeden Gedanken daran zunichte machte. Der mitgebrachte Gasbrenner, entfacht im Vorzelt, ermöglichte uns dennoch warme Mahlzeiten. Doch irgendwie wurde es anspruchsvoller und vor allem ungemütlicher: Am dritten Regentag begannen die Zeltnähte zu tropfe, trotzdem gings ans Wasser. Wir fingen in den kommenden Stunden noch ein paar Fische, aber als wir im Fluss gerade einen Abwasch erledigten, kamen wir bei einem Blick auf die nächste dunkle Wolkenwand auf die Idee, schon mal den Hubschrauberpiloten per Not-Satellitentelefon nach der Wetterprognose für den Abholtag zu fragen. Der erfahrene Vielflieger machte sich offensichtlich ebenfalls Sorgen bezüglich der Sichtflugbedingungen und bot an, uns noch am selben Abend abzuholen. Nass und durchgefroren nahmen dankend an.

Zurück in der Lodge, von der aus wir gestartet waren, breiteten vier restlos glückliche, wenn auch etwas streng riechende Männer noch am selben Abend den Inhalt ihrer Seesäcke aus und gönnten sich ein erstes wohlverdientes Bier. Dieser Ausflug in die nordische Wildnis hatte sich definitiv gelohnt. Wir wollten uns den Elementen ausliefern und das haben wir getan. Glücklich resümierten wir, dass Dank des Zusammenhalts der Gruppe angesichts der strapaziösen Bedingungen zu keinem Zeitpunkt schlechte Stimmung aufkam. Alle nahmen am Ende die Tour als einmaliges und großartiges Erlebnis wahr und jedem von uns bleiben die Fische und die Natur mit Sicherheit noch lange in Erinnerung. Für diese außergewöhnliche Reise bedanke ich mich abschließend bei meinen Begleitern Holger, Koni und Alexander!

Vergessen möchte ich auch nicht den Mann, der dafür gesorgt hat, dass alles reibungslos klappte: Dank auch an den Wegbereiter und Organisator des Tripps Carsten Dogs von pukka destinations. Besser hätte man es nicht machen können …

www.pukka-destinations.com

Share this article

Leave a reply